Rupertus und sein Erbe

Predigtreihe in der Rupertus-Festnovene 1954 (22. – 30. September)

in der Stiftskirche zu St. Peter

St. Rupertus und die Fürstenkrone

Zum Kardinalspurpur und zum Legatus-natus-Titel bei den Salzburger Erzbischöfen gehörte jahrhundertelang auch die Fürstenkrone des Landesherrn, weil der Nachfolger des hl. Rupertus bis 1803 nicht nur Bischof der Diözese, sondern auch Landesherr des selbständigen Fürstentums war.

Gewiss ging dieses selbständige Fürstentum mit völliger Landeshoheit nicht unmittelbar auf den hl. Rupertus zurück. Erst unter Erzbischof Eberhard II. um 1220 war die Landeshoheit des Salzburger geistlichen Fürstentums völlig ausgebildet, aber in der Wurzel war es doch schon geschaffen durch die Landschenkungen, die Herzog Theodo dem hl. Rupertus hier gemacht hatte.

So darf man schon auch mit gewissem Recht die Fürstenkrone der Salzburger Erzbischöfe als Landesherren mit dem hl. Rupertus in Verbindung bringen.

Ob auch sie uns etwas über das Erbe des hl. Rupertus sagen kann? Es scheint nicht recht der Fall zu sein, wo doch das selbständige geistliche Fürstentum durch die Säkularisation vor vielen Jahren zu existieren aufgehört hat und seit ein paar Jahren die letzte Erinnerung daran, die Fürstenkrone im Wappen des Salzburger Erzbischofs und der Titel Fürsterzbischof, auf Weisung von Rom, verschwunden sind.

Soll der Sinn dieser Predigt über das Thema „Rupertus und die Fürstenkrone seiner Nachfolger“ nun etwa der sein, diesem verschwundenen Kirchenstaat im Kleinen Tränen nachzuweinen? Nein, sicher nicht! Es lag zweifellos im Plane der göttlichen Vorsehung, dass der große Kirchenstaat des Patrimonium Petri und der kleine Kirchenstaat des Patrimonium Ruperti verschwunden sind. Das Amt eines Landesherrn war ja für den Salzburger Erzbischof gar manchmal eine schwere Belastung in der Erfüllung seiner eigentlichen bischöflichen, seelsorglichen Aufgaben und gar manchmal war leider der Salzburger Fürsterzbischof mehr Fürst und Landesherr als Bischof und oberster Seelsorger seiner Diözese.

Oder soll der Sinn dieser Predigt über das Thema „Rupertus und die Fürstenkrone seiner Nachfolger“ etwa der sein, eine Apologetik der landesherrlichen Regierung der Salzburger Fürsterzbischöfe zu entwickeln, etwa mit dem Motto: „Unter dem Krummstab ist gut leben!“ – es ließe sich zweifellos leicht und schön zeigen, wie die Zeiten Salzburgs unter der Herrschaft der Fürsterzbischöfe sicher nicht die schlechtesten waren. Besonders das Beispiel des vor 300 Jahren verstorbenen und in der Walhalla verewigten Pater Patriae Paris Lodron ist da so vielsagend, denn dieser Fürsterzbischof war ein frommer, seeleneifriger Oberhirte und aber auch ein ausgezeichneter Landesvater, der es mit Klugheit und diplomatischem Geschick verstand, vom Lande Salzburg den zerstörenden Feuerbrand des 30jährigen Krieges abzuwehren und – während das übrige deutsche Land der Kriegsfurie in furchtbarer Zerstörung zum Opfer fiel – Werke des Friedens schönster Art zu schaffen zur Förderung von Kultur und Kunst und Wohlstand des Landes.

Aber auch das soll nicht der Sinn des Themas „Rupertus und die Fürstenkrone seiner Nachfolger“ sein, sondern wieder, wie bisher in den vorausgegangenen 7 Predigten, die gläubige Schau auf das Erbe des hl. Rupertus!

Ich meine, wie uns der Hirtenstab des hl. Rupertus an die rechte Liebe zu Christus, den Guten Hirten, gemahnte, wie uns das Evangelienbuch des hl. Rupertus die rechte Liebe zum Wort Gottes in der Hl. Schrift und überhaupt zur Lehre Christi beibringen sollte, wie uns das Messkleid des hl. Rupertus an die rechte Liebe zur Hl. Messe, zum Opfer Christi, gemahnte und das Brustkreuz des hl. Rupertus an die rechte Liebe zum Kreuze Christi; wie uns das Salzfass des hl. Rupertus an die rechte Liebe zur Weisheit Christi erinnerte und das Altöttinger Gnadenbild an die rechte Liebe zur Mutter Christi; und wie uns zuletzt am gestrigen Tag der Kardinalspurpur des Legatus natus der Nachfolger des hl. Rupertus an die rechte Liebe zur Kirche Christi gemahnte, so soll uns die Fürstenkrone des Landesherrn im Wappen der Nachfolger des hl. Rupertus an die rechte, christliche Liebe zur Heimat erinnern.

Heimatliebe, Vaterlandsliebe, nicht bloß in schwärmerischem Sich-Freuen an der Schönheit unseres Landes, sondern vor allem in verantwortungsbewusster Mitsorge um Wohl und Gedeihen des Landes und um den rechen Fortbestand christlicher Tradition und abendländischer Kultur in unserem Lande, das gehört nach meiner Meinung wirklich auch zum Erbe des hl. Rupertus und zur Verpflichtung, wie sie uns aus der geschichtlichen Tatsache erwächst, dass hier durch Jahrhunderte Bischöfe auch gute Landesherren waren.

Heimatliebe, Vaterlandsliebe ist ja auch eine christliche Tugend. Der hl. Thomas von Aquin betont dies ausdrücklich in seiner Summa theologica II/II, q 101, a.1. Er sagt da, dass „Der Mensch nächst Gott am meisten den Eltern und dem Vaterland verpflichtet ist“ und er zeigt, wie der geschichtliche Raum des Vaterlandes mit seiner gottgegebenen Eigenheit und Schönheit, mit seinen überlieferten Werten, mit seinem Kultur- und Glaubensleben es verdient, von der Tugend der Pietas umfangen zu werden.

Christus selbst hat uns auch in der Heimatliebe das schönste Beispiel gegeben. Er hat seine irdische Heimat mit ihren Bergen und Seen, mit ihren Märkten und Dörfern und mit der hochragenden, hochgebauten Hauptstadt Jerusalem innig geliebt und sich um das Schicksal seiner Heimat und seines Volkes gesorgt und darum gebangt und sogar darob geweint und Tränen vergossen. Ja, Tränen vergossen und geweint um der geliebten Heimat und seines Volkes willen! Heute redet man so viel von der weinenden Madonna von Syrakus. (O ja, ich glaube auch an dieses mahnende Wunder der lieben Gottesmutter.) Aber mich ergreift es immer viel mehr, wenn ich in der Hl. Schrift lese, wie Jesus geweint hat über Jerusalem: O dass du es doch erkannt hättest und zwar an diesem deinem Tage, was dir zum Frieden dient...“

Die Heimatliebe des Herrn, sie muss in jedem echten Christen ebenfalls vorhanden sein zusammen mit tiefer Dankbarkeit für die uns erhalten gebliebene Heimat beim Gedanken an jene Millionen Flüchtlinge, denen man die Heimat geraubt hat.

Hatte der hl. Rupertus diese rechte christliche Heimatliebe?

Rupertus hat aus apostolischer, missionarischer Gesinnung seine irdische Heimat – ob das nun das Land der Franken oder die Insel der Heiligen Irland oder Schottland war, wird sich mit letzter Gewissheit wohl kaum je bestimmen lassen – er hat seine irdische Heimat verlassen, so wie unsere Missionare heute noch die Heimat verlassen und in ferne Lande ziehen. Das heißt aber nicht, dass dies für sie nicht ein Opfer wäre. Und es mag auch für Rupertus ein Opfer gewesen sein. Und als er sich endgültig entschieden hatte, dieses unser Land hier zu seinem neuen seelsorglichen Arbeitsfeld zu erwählen, da zog es ihn nochmals zurück in die Heimat, er nahm nochmals Abschied von der geliebten Heimat und nahm ein besonders schönes Stück Heimat hierher dann mit in seiner edlen Nichte Erentrudis....

Seine Heimatliebe hat Rupertus dann zweifellos auf seine Wahlheimat, auf dieses vom Schöpfer mit so viel Schönheit ausgestattete Land, übertragen: „Landunserer Väter, lass jubelnd dich grüßen, Garten, gehütet vom ewigen Schnee...“ Rupertus hat sich zweifellos an der Schönheit diese Landes mit seinen Seen und Bergen, mit seinen Tälern und Schluchten, von Herzen gefreut und vielleicht war gerade auch die Schönheit der Landschaft mit ein Grund, warum er sich entschloss, hier zu bleiben und nicht mehr weiter zu ziehen...

Und die Nachfolger des hl. Rupertus, die fast immer von auswärts kamen, sie gewannen alle dieses schöne Land lieb und sorgten sich in echter Vaterlandsliebe um Frieden und Wohlergehen, um Wirtschaft, Brauchtum und Kultur des Landes und drückten ihm immer mehr und mehr den Stempel christlicher Prägung auf.

Seht, liebe Gläubige, diese Heimatliebe des hl. Rupertus und seiner Nachfolger, die fast durchwegs gute, besorgte Landesherren und Landesväter waren und sich um dieses Land sorgen, müsste uns auch ein liebes Erbe des hl. Rupertus sein: die rechte Sorge um unser Land, um sein Glück, um seinen Frieden, ums eine christliche Tradition und Kultur, um Vätererbe und Väterglaube, das ist wahre Vaterlandsliebe. Und diese liebende Sorge um die Heimat müsste sich zeigen im Gebet für das Vaterland und die in ihm verantwortlich Tätigen, müsste sich zeigen in der rechten Pflege gesunden Familienlebens und wahrer sozialer Gesinnung, müsste sich schließlich aber auch zeigen in der recht verstandenen Politik. „Politisch Lied, garstig Lied“, ach, das sagt sich so schnell und es kritisiert sich so leicht, was falsch gemacht wird von den Politikern, was versäumt und unterlassen wird von ihnen, weil in der Demokratie vieles eben nur im Kompromissweg erreicht oder eben nicht erreicht wird. Wer aber dankt den christlichen Politikern, für das, was sie Positives geleistet haben und es ist doch gar vieles geleistet worden im Wiederaufbau des kriegszerstörten Vaterlandes? Rechte Vaterlandsliebe und recht verstandene Politik zeigt sich auch in der ernsten Sorge darum, dass wieder die rechten, christlichen Männer an die Spitze von Land und Gemeinden kommen. Sagt mir nicht, das daran zu erinnern, Missbrauch der Kanzel sei: Die verantwortungsbewusste Sorge darum, dass bei der Landtagswahl am 17. Oktober die rechten, christlichen Männer gewählt werden, müsste uns gläubigen, um das Erbe des hl. Rupertus besorgten Menschen auf der Seele brennen! Es ist doch wahrlich nicht gleich, wer an der Spitze unseres Landes steht! An der Spitze dieses Landes stand durch Jahrhunderte ein Nachfolger des hl. Rupertus, ein Bischof unserer hl. Kirche. Wir wünschen gewiss nicht, dass dies wieder so werde, nein, aber dass – der großen, auf Rupertus zurückgehenden Tradition unseres Landes gemäß –ein wirklich christlicher Mann, eine wahrhaft christliche Persönlichkeit an der Spitze des Landes stehe, das muss unser Wunsch und unsere Sorge sein. Sagen wir es einmal dankbar: es war eine große Gnade und ein großes Glück für das Rupertiland Salzburg, dass in der abgelaufenen Landtagsperiode eine wahrhaft christliche Persönlichkeit Landesvater und Landeshauptmann war. Und so soll es auch bleiben. Sorgen wir dafür – es liegt in unserer Hand -, dass nicht irgendein ungläubiger Mensch, irgendein Apostat, das weltliche Erbe des hl. Rupertus im ehemaligen geistlichen Fürstentum verwaltet, sondern ein christlicher Mann, der Ernst macht mit seiner christlichen und sozialen Gesinnung. So allein entspricht es der Tradition dieses Landes und dem Erbe des hl. Rupertus! Was du ererbt von dienen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen! Es gilt auch hier: wir wollen uns mit christlicher Vaterlandsliebe um unsere Heimat sorgen, den hl. Landespatron aber wollen wir bitten: salvum fac populum tuum et benedic haereditati tuae! Rette, hl. Rupertus, dien Volk und segne dein Erbe. Amen